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„Wahrheit ist die Erfindung des Lügners.“ – Warum wir nie dasselbe sehen, obwohl wir auf dasselbe schauen

Aktualisiert: 27. Nov.

spiegel in wüste

Dieser Satz von Heinz von Foerster irritiert im ersten Moment – und genau deshalb ist er so kraftvoll. Er öffnet einen Raum, in dem deutlich wird: Meine Wahrheit ist nicht automatisch deine. Und wenn wir das akzeptieren können, beginnen wir, systemisch zu denken.

Im radikalen Konstruktivismus – auf den sich Foerster bezieht – heißt es sinngemäß:


Wir sehen die Welt nicht, wie sie ist.

Wir sehen die Welt so, wie wir sind.


Unsere Wahrnehmung ist geprägt von Erfahrungen, Erwartungen, Gefühlen und inneren Wahrheiten – und das erklärt, warum zwei Menschen über dasselbe sprechen können und trotzdem etwas völlig Unterschiedliches meinen.


1. Geschichten, die wir erzählen – und was dahinter liegt

Wenn ein Unfall passiert und man fünf Personen befragt, was genau passiert ist, erzählt jede eine andere Geschichte. Nicht, weil jemand lügt – sondern weil der Fokus unterschiedlich gesetzt ist. Und genau das zeigt:Wahrnehmung kann man niemandem absprechen.

Vor allem bei emotionalen Themen lohnt es sich, genauer hinzuhören. Denn oft ist die Geschichte nur die Oberfläche – und dahinter steckt etwas, das gesehen werden möchte.

Wenn jemand sagt: „Das war unfair“,dann ist es wichtig, nicht nur auf das Wort „unfair“ zu hören.Sondern zu fragen:„Welches Bedürfnis wurde hier nicht erfüllt?“

Denn hinter scheinbar sachlichen Aussagen verbirgt sich häufig ein Kontaktversuch:Werde ich gleichwertig behandelt? Bin ich wichtig? Werde ich gehört?

Was wir erzählen, ist selten nur Information – sondern oft ein inneres Echo dessen, was uns bewegt.


2. Wahrheit als Selbstausdruck – keine Lüge, sondern Positionierung

Wenn Menschen eine Situation schildern, geht es nicht immer darum, sie beweisen zu wollen. Manchmal geht es darum, sich selbst zu positionieren. Wahrheit wird auch zu einer Rolle – je nachdem, wie ich mich in der Geschichte darstelle:

Bin ich der Held? Das Opfer? Die Person, die alles richtig macht? Oder diejenige, die Verantwortung übernehmen kann?

Wahrheit ist hier immer auch eine Form des Selbstausdrucks.Und je nachdem, wie ich mich in meiner Geschichte darstelle, zeige ich ein Stück meines Selbstbildes.

Deshalb lohnt sich im Coaching die Frage: Warum ist genau diese Geschichte jetzt wichtig? Es geht selten um Schuld – sondern darum, ob jemand gesehen und ernst genommen wird. Es geht um Relevanz, Bedeutung und emotionale Resonanz.


3. Konstruktive Skepsis & Perspektivwechsel – was Führung lernen kann

Foerster wollte mit seinem Satz nicht sagen, dass alles beliebig ist. Im Gegenteil: Er plädierte dafür, Wahrnehmung ernst zu nehmen – und trotzdem neugierig zu bleiben.

Nicht alles infrage stellen – aber konstruktiv fragen:

Was, wenn es auch anders sein könnte?

Genau hier beginnt Coaching – und auch gute Führung. Wahrheit muss nicht gefunden werden. Wahrnehmung muss verstanden werden. Denn vielleicht ist Wahrheit nichts Endgültiges – sondern ein Gesprächsanlass.

Coaching ist nicht die Jagd nach der Wahrheit. Sondern die Erkundung meines Gegenübers –und die Einladung, einmal durch seine Augen sehen zu dürfen.

Dieser Perspektivwechsel ist keine Schwäche – sondern eine enorme Stärke. Denn erst dort, wo mehrere Sichtweisen Platz haben, entsteht die Möglichkeit für Entwicklung.


Fazit – Es geht selten ums Recht haben

Vielleicht ist Wahrheit gar kein Ziel – sondern ein Hinweis. Oft steckt dahinter ein Wunsch nach Anerkennung, Kontakt oder Schutz. Die entscheidende Frage lautet dann nicht mehr:Wer hat recht?sondern:👉 Was will hier gesehen oder gehört werden?

Genau darin liegt die Chance von Coaching – und von Führung.

Nicht Wahrheit festzulegen. Sondern Räume zu eröffnen, in denen unterschiedliche Wahrnehmungen ihren Platz haben dürfen – ohne dass sofort entschieden werden muss, welche davon richtig ist.

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Batja Theismann

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Telefon. +49 (0) 15750444580

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